Nachhaltige Software sichtbar machen – Show Your Colors With Green Software Design

Die Zertifizierungsstelle des Umweltbundesamts „Blauer Engel“ zertifizierte jüngst erstmals eine Software für besondere Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, wie der Informationsdienst Wissenschaft (idw) berichtet. Und obwohl sich immer mehr Menschen für das Thema Nachhaltigkeit interessieren und Maßnahmen für mehr Umweltschutz in ihren Alltag integrieren, sickert ein Bewusstsein für Klimaauswirkungen von Apps, Internet und Vernetzung nur langsam in das Allgemeinbewusstsein ein. Dabei muss Software entwickelt, gepatcht und betrieben werden. „Wäre das Internet ein Land, dann hätte es den sechstgrößten Stromverbrauch auf der Erde“, berichtet das ZDF. Wenn Verbrauchern dies bewusst wird, stehen sie vor der Frage, welchen positiven Beitrag sie hier leisten können. Dafür gibt es nun Kennzeichen, die ihnen helfen, einen Eindruck über die Energieeffizienz der von ihnen genutzten Software zu erhalten: Das Green-Software-Design-Label und den Blauen Engel. Im Zertifizierungsprozess des Blauen Engels wird der Stromverbrauch von Programmen gemessen und bewertet. Das Green Software Design Label analysiert hingegen den Fertigungsprozess eines Programms und kann so bereits Konzepte und Pläne bewerten.

Zertifizierung nach dem Blauem Engel

Das Umweltzeichen Blauer Engel bietet eine Zertifizierung für energieeffiziente Softwareprodukte an. Im Zertifizierungsprozess wird die Nachhaltigkeit von Programmen anhand von Kriterien bewertet, dann folgt die Messung des Stromverbrauches. Der Verbrauch muss offengelegt werden, die Höhe des Verbrauchs entscheidet aber nicht über die Vergabe des Labels. Generelle Ressourceneffizienz, Erhöhung der Hardware-Nutzungsdauer und Nutzungsautonomie sind die wesentlichen Bewertungskategorien. Bei den Messungen können durchaus erhebliche Unterschiede in puncto Stromverbrauch zwischen vergleichbaren Programmen liegen: So ergab der Vergleich von vier Textverarbeitungsprogrammen, dass der Stromverbrauch bei einem der untersuchten Programm im selben Nutzungsszenario viermal höher lag, als bei einem der Vergleichspartner, berichtet Marina Köhn vom Umweltbundesamt dem MDR. Analysiert werden können ausschließlich Programme, die auf einem einzigen Rechner laufen, auf dem dann auch die Messungen durchgeführt werden. Zertifiziert werden können mit diesem Verfahren daher faktisch nur Desktopanwendungen. Der Zertifizierungsprozess des Blauen Engels bewertet die Nachhaltigkeit der untersuchten Software unter klimaschützenden Aspekten, betrachtet aber auch Verfügbarkeit und soziale Teilhabe (Stichwort Open Source) durch die Software.

Das Green-Software-Design-Label

Die Kennzeichnung einer Software mit dem Green-Software-Design-Label zeigt an, dass die ausgezeichnete Software mit ressourcenschonenden Verfahren entwickelt wurde bzw. Ressourceneffizienz bereits während der Entwicklung als Anforderung berücksichtigt wurde. Für die Auszeichnung werden der Herstellungsprozess und die Klimawirkung des Programms im späteren Einsatz bewertet. Untersucht werden die Technologiewahl (Programmiersprachen, Datenbanken, Frameworks), der Entwicklungsprozess, der Grundaufbau bzw. die Architektur der Software, ihre Größe und Komplexität und schließlich Einsparungen, die durch die Anwendung in der „echten Welt“ zu erwarten sind. Im Unterschied zum Blauen Engel wird beim Green-Software-Design-Label stärker der Prozess bewertet als das Ergebnisprodukt. Ausgezeichnet wird also Software, die den Stand der Technik in Sachen Green Software ausreizt. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Blauen Engel ist, dass auch verteilte Systeme analysiert werden können, die heute einen Großteil der Anwendungen ausmachen. Um das Label zu erhalten, findet zunächst eine Einschätzung mit der Auswertungssoftware Green Software Expertyzer statt und später ein Audit zur Umsetzung der technischen und prozessbezogenen Maßnahmen. Der Green Software Expertyzer kann beratend genutzt werden und bei der Entscheidungsfindung den Aspekt „Klimaschutz“ hervorheben. Konkrete Emissionswerte und Einsparpotentiale prognostiziert das Programm nicht. Es fokussiert sich darauf, als Wegweiser für Entwicklungsteams zu dienen.

Wann was beantragen?

Beide Label verfolgen das Ziel, “grüne” Software für Verbraucher erkennbar zu machen. Dabei unterscheiden sich die Vergabeverfahren jedoch im Umfang, Analysezeitpunkt und Art der bewertbaren Software. Der Green Software Expertyzer eignet sich für Mobile-, Web-, und Client-Server-Anwendungen, die auf verteilten Geräten laufen, und stellt eine produktionsbegleitende Qualitätssicherung sicher. Das Label berücksichtigt Klimaschutz-Aspekte, keine darüber hinausgehenden Kriterien für Nachhaltigkeit. Bei der Zertifizierung nach Blauem Engel werden eine Reihe von Eigenschaften der Software geprüft, um die Nachhaltigkeit des Programms zu bewerten. Der Stromverbrauch muss angegeben werden, die Vergabe des Labels ist aber unabhängig von seiner Höhe. Diese Auszeichnung ist somit eine Qualitätskontrolle und bewertet das Ergebnis der Software-Entwicklung anhand von breit gefächerten Nachhaltigkeitskriterien. Die Labels haben somit unterschiedliche Aussagequalitäten, stellen jedoch keine Konkurrenzprodukte dar, sondern ergänzen sich.